Andacht zur Tageslosung am 4. April 2020

„Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott? Unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was er will.“ Psalm 115,2.3

Wer meiner Generation angehört, die in der DDR aufwuchs, musste gerade noch NVA-Soldat werden. Man wurde von der Schulbank weg eingezogen. Ich war damals gerade 19 geworden und dachte: Was für eine elende Zeitverschwendung, für die sozialistische Diktatur auch noch 18 Monate ans Bein binden zu müssen. Es gehört zu den Wundern meines Lebens, diese kasernierte Zeit, obwohl sie wirklich abartig war, zu den wertvollsten meines Lebens zu zählen. Ich verdanke ihr viel. Vor allem auch eine tiefe, verlässliche und treue Freundschaft, die bis heute hält. 

Am Anfang dieser Freundschaft standen Wortgefechte mit dem Genossen Oberleutnant L., der als Politoffizier für eine klassenkampfgerechte Agitation gegen den aggressiven Imperialismus usw. zu sorgen hatte. Dies war ein zynischer, intelligenter und korpulenter Lebemann, der - das habe ich erst später herausgefunden - durchaus auch sympathische Züge hatte. Er liebte herablassende Äußerungen wie: „Wo ist denn euer Gott?“

An diesem Punkt war er bei meinem Freund, dem „Genossen Bausoldat“, an der richtigen Adresse. Er frappierte ihn und mich mit der Äußerung: „Gott ist nicht. Sein Dasein ist nicht das einer Gurke, eines Kürbisses oder eines Oberleutnants. (Er war ihm in Sachen Ironie durchaus ebenbürtig.) Gott zu denken als ein Sein neben anderem Seienden verbiete sich, weil es Gott auf die Ebene des Geschaffenen herunterzöge. Aber eben dort sei Gott als Schöpfer aller Dinge nicht zu finden, denn er stehe dem Geschaffenen im strengen Sinn als jenseitig gegenüber. Darum sei er gegen solche lächerlichen Fragen auch erhaben. Gott kann nur als „alles in allem“ gedacht werden, und ist seinem Geschöpf, das „ist“, eben in dieser Hinsicht nicht gleich. Darum laute die Antwort auf die Frage: „Wo ist euer Gott?“ ganz einfach: Gott ist nicht.

Der Genosse Oberleutnant schnappte nach Luft. Erst viel später habe ich entdeckt, dass sich mein Freund eines altes Argumentes bediente, das sich schon beim Meister Eckhard findet. „Was Wesen hat, Zeit oder Raum, das gehört nicht zu Gott, er ist über dasselbe; was er in allen Kreaturen ist, das ist er doch darüber; was da in vielen Dingen eins ist, das muss notwendig über den Dingen sein ... Gott ist weder dies noch das.“ (Predigt 22)

So bleibt für heute festzuhalten: Gott ist und bleibt Schöpfer aller Dinge. Und es zeichnet ihn aus, dass er seine Geschöpfe liebt. Er liebt sogar den Menschen, obwohl er sich oft so garstig gebärdet. Er tritt für ihn ein und schenkt sich selbst in seinem lieben Sohn, „gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“ (Nicaeno-Constantinopolitanum)

Gott hat auch mich geschaffen und alles, was ich zum Leben brauche: „Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne ..., dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind ... Mit aller Notdurft und Nahrung dieses Leibes und Lebens mich reichlich und täglich versorgt, wider alle Fährlichkeit beschirmt, vor allem Übel behütet und bewahrt. Und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn' all mein Verdienst und Würdigkeit. Des alles ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewisslich wahr.“ (M. Luther, Kleiner Katechismus, zum 1. Glaubensartikel)

Wer das sehen kann, spricht mit dem Apostel Paulus: „Gottes unsichtbares Wesen - das ist seine ewige Kraft und Gottheit - wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken.“ Römer 1,20