"Bis hierher hat uns der HERR geholfen." 1 Sam 7,12
Es ist ärgerlich! Man erinnert sich, irgendwo einen Gedanken gelesen zu haben, kann ihn aber nur halb und von ungefähr festhalten, kramt nach dem Autor im Gedächtnis, sucht in verschiedenen Büchern und blättert und liest - und kann ihn einfach nicht finden.
So geht es mir gerade. Ich erinnere mich dunkel, bei Eckhart von Hochheim eine Überlegung gelesen zu haben, die in gewisser Weise zu unserem Vers passt. Sinngemäß geht sie so: Der Mensch solle sich nicht zu sehr grämen, wenn ihm große und wichtige Lebenspläne wie eine Hand voll Sand durch die Finger rinnen, denn er könne ja nicht wissen, was ihm auf diese Weise an Leid erspart bleibe.
Ich muss immer daran denken, wenn wieder ein Stern, der schnell aufgestiegen war, gefallen ist. Vielleicht ist es ja so, dass jeglicher Erfolg eine Kehrseite hat, die nicht sofort sichtbar ist. Sie liegt im Verborgenen. Gesehen wird immer nur die strahlende Vorderseite. Ob nicht für jeden Erfolg, jedes Weiterkommen, jedes Ansehen andererseits gezahlt werden muss, um die Höhe zu halten?
Manchmal denke ich: Es wäre für diesen oder jenen Menschen besser gewesen, wenn die Sache schon gleich am Anfang gescheitert wäre. Es ist gut, dass Gott zuweilen dafür sorgt, dass die Türme, die wir zu errichten suchen, nicht in den Himmel wachsen. Das hat er schon immer getan.
Ich schreibe das für alle, die damit hadern, dass mancher ihrer Blütenträume nicht reifte, obwohl sie sich so angesträngt und abgemüht haben. Manch einer kommt nicht darüber hinweg, schämt sich und lebt deswegen wie mit einem Makel. Das ist nicht recht. Das muss sich ändern.
Im Glauben sagen wir, dass Gott es für ihn nicht so gewollt hat, wie er es für sich plante. Wir wollen es sogar noch zuspitzen: Indem es nicht gelang, hatte Gott Besseres im Sinn gehabt für ihn. Er hat ihn vor einem falschen Weg bewahrt, der ihn, wer weiß, überfordert, in unerträgliche Anfechtungen oder ehrlosen Gesichtsverlust gezwungen hätte. Stattdessen hat er ihm dahin geholfen, wo er jetzt steht. Er ist mit der Zeit geworden, was er werden sollte, mit allen Ecken und Kanten. Und nun gilt es, dieses einzigartige Werden zu sehen und sich darin zu bewähren. Es bleibt ja schwierig genug. Wir alle finden unseren Platz nur dort, wo Gott uns hinstellt. Es ist weder klug noch hilfreich, nach hinten zu schauen, als gäbe es jetzt nichts, was noch dringend getan werden soll. Und es ist niemand da außer mir, der es tun kann und soll.
Das heißt: "Bis hierher hat mir der HERR geholfen." Ich wette, er wird auch weiterhin helfen. Es gilt, sich nicht wegzuwünschen oder wegzulaufen, sondern beherzt zuzupacken an der Stelle, die sich zeigt. Gott schenkt uns den Stand, der zu erreichen uns gegeben und gemäß ist. Auch in ihm gibt es Anfeindungen und Anfechtungen die Fülle. Ein ehrliches, ehrenhaftes Dasein und Wirken ist in jedem Stande möglich. Überall braucht es Mut. Manchmal wird einem ganz schlecht angesichts dieser Zumutungen und Unverschämtheiten, die es zu parieren gilt. Wie wollen wir uns darin halten?
"Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht." 2 Kor 4,8
So und nicht anders!