von Pfarrer Dr. Friedrich Christoph Ilgner
"Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist." Sach 8,23
Alle möglichen Gruppierungen zerren Tag für Tag an uns armen Menschen herum. Wir sollen ihnen folgen. Sie bedienen sich aller nur denkbaren Mittel und Methoden. In Wahrheit sind sie penetrant und lästig. Das Fernsehen habe ich schon abgeschafft. Die gängigen Tageszeitungen, die ich einmal hielt, habe ich gekündigt. Aus alter Gewohnheit höre ich manchmal noch etwas Radio, beim Herumräumen in der Küche. Aber ich stelle fest, dass ich es meist ganz fix wieder ausmache.
Ich habe keine Lust auf diese allgegenwärtigen Zeitgeist-Ideologen. Sie gehen mir auf die Nerven. Sie verkündigen eine Plattitüde nach der anderen. Ich meine nicht ausschließlich irgendwelche Parteipolitiker. Die leben von Simplifikationen. Ich meine diese Pseudo-Humanisten, die auch massenhaft NGOs zu finden sind. Es sind Leute, die sich hilfreich stellen, aber in ihrer ätzenden Gesinnung alles planieren, was ihnen nicht passt. Ich bin in den letzten Jahren sehr dünnhäutig geworden. Ich bin nicht bereit, ihnen zu folgen.
Warum ist es so gekommen? Früher habe ich doch auch gemerkt, wenn populistische Argumente an den Haaren herbeigezogen, konstruiert und demagogisch aufpoliert waren. Ich habe gedacht: Lass sie reden. Wieso ist das heute anders?
Weil ich nicht erkennen kann, dass ihnen Gott etwas bedeutet. Jedenfalls erscheinen sie mir anmaßend, frech, besserwisserisch, intolerant und aggressiv. Ich singe nicht aus ihrem Gesangbuch und sitze nicht in ihrer Kirche. Kann es sein, dass, wo Gott keine Rolle spielt, sich das Ego unangenehm in den Vordergrund schiebt oder schieben muss?
Unser Vers ist den "Männern aller Sprachen der Fremdvölker" in den Mund gelegt. Sie sagen, sie wollen mit denen gehen, bei denen sie Gott wissen. Gemeint sind die gottesfürchtigen Juden, deren Botschaft jene Gottesnähe erkennen lässt, bei der jedermann sagt: Da will ich dazugehören, mit ihnen will ich sein und durch die Zeiten gehen.
Der Prophet Sacharja, der diesen Ausspruch überliefert, gehört in die Zeit nach dem Babylonischen Exil der Juden. Er ist ein Priester gewesen, der zurückkehren durfte in das ruinierte Jerusalem. Der Tempel liegt in Trümmern. Inmitten dieser katastrophalen Zustände wird er überraschenderweise zum Verkündiger des Heiles nicht nur für die Juden, sondern für alle Völker der Welt. Er ruft alle Völker zum Gott Israels und seiner Heilsbotschaft.
Das wirkte angesichts der Zustände mit Sicherheit kurios. Denn etwas Unzeitgemäßeres als so eine Verkündigung konnte man sich gar nicht vorstellen. Macher wird seine Botschaft als äußerst weltfremde Schwärmerei empfunden haben.
Die Wahrheit ist, dass es doch so gekommen ist. Das sehen wir Christen ganz deutlich. Die ersten Christen - wie waren ausnahmslos Juden gewesen - haben das Buch des Propheten Sacharja darum auch besonders geliebt. Mehrere seiner Prophetien reden von Jesus von Nazareth, dem Erlöser, den Gott gesandt hat.
Alle Völker und Nationen, der ganze Erdball war gemeint, als sich Gott in Christus offenbarte und in der Kraft des Heiligen Geistes in Raum und Geschichte, im Wechsel der Epochen sein Wort erklingen ließ. Und es kam auch der Zeitpunkt, dass unser Volk - neben vielen anderen - hinzustieß und in einer wechselvollen Geschichte der Gottesnähe und -ferne diese Prophetie wahr werden ließ.
Nähe und Ferne, sagte ich. Es gibt viele Stimmen, die für die unmittelbare Zukunft eher die Gottesferne voraussagen. Das wird wohl sein; aber wir fürchten uns deshalb nicht. Ich halte dafür, dass das Prophetenwort "glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht" (Jes 7,9) stimmt. Es gilt, nach 2000 Jahren die Gottesnähe und das Vertrauen der ersten Christen zu bewahren bzw. wiederzufinden, von denen überliefert wird:
"Sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk." Apg 2,46-47