"Ich bin bei dir, spricht der HERR, dass ich dir helfe." Jer 30,11
Vor der Ostfassade der Christuskirche Dresden befindet sich eine ausdrucksstarke Plastik. Sie zeigt Christus in Gethsemane. Die Plastik gewinnt ihre Dynamik aus dem einem Widerspruch. Einerseits ist Christus in die Knie gesunken, wie auf dem Erdboden festgehalten, niedergeschlagen in seiner Seele. Andererseits ist seine ganze Gestalt gen Himmel gerichtet, Körper, Arme und Hände weit emporgestreckt und der Blick in die Höhe gerichtet. In diese Situation gehört ein berühmtes Wort. "Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe." (siehe https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Christus_Church_Dresden_Germany_98116668.jpg) Anfang der 1960er Jahre wurde diese Figur des Nachts mit Brechstangen von Parteigängern der DDR-Kommunisten des Nachts vom Sockel gehebelt. Im Pfarrarchiv gibt es ein Foto, das diese Aggression dokumentiert. Der kommunismusaffinen Linken ist schon immer ungeheuerlich gewesen, die Hilfe bei Gott zu suchen und ihn anzurufen in den Nöten, die uns betroffen haben.
Wir Menschen leben in einer großen Versuchung. Es ist alles in allem die größte, die sich denken lässt. Mir scheint, sie ist für viele, ja für die meisten Menschen das Grundmotiv des ganzen Lebens: Wir streben danach, von jeder denkbaren Not frei zu bleiben. Eine allumfassende Notflucht regiert unsere Lebensplanungen, unsere Sehnsüchte und unser Handeln. Wir suchen die Witterung zu verfeinern, um diese Garstigkeiten des Lebens möglichst von langer Hand zu umgehen. Oft gelingt es uns ganz gut.
Aber eben nicht immer. Dann folgert der spitzfindige Mensch, dass Gottes Barmherzigkeit und Allmacht nicht ausreichen. Dann heult der Mensch über sich und sein ungerechtes Schicksal. Und der liebe Gott? Nun, der will nicht so wie der Mensch will oder ist überhaupt zu schwach und ohne Allmacht und kann auch nicht anders als zuzusehen. Solch ein Mensch muss weinerlich durchs Leben gehen und klagen und jammern. Der Arme.
Der Gedanke, dass alles so sein soll, wie es ist, dass der Mensch eben zuweilen in Not und Angst gerät, was ihm nicht gefällt, und dass es hinter diesen Bedrängnissen einen rätselhaften Sinn geben mag, der sich nicht sofort erschließt, ja sich vielleicht überhaupt niemals erschließt, kommt ihm nicht so schnell in den Sinn. Das ist die unbequemere Lösung der Frage nach Leid, Not und Tot. Sie bewirkt aber ein Wachsen im Glauben
Ja, was ist denn das aber für ein Gott, wenn er dem Menschen solch ein Leben zwischen Leid, Not und Tot zumutet und er nicht erkennt, warum und wieso er dergestalt zwischen die Fronten gerät?
Der Apostel Paulus hat dafür einen wichtigen Gedanken formuliert. Er erinnert daran, dass Gott nicht abschließend durchschaut werden kann in seien Dispositionen. Eigentlich sollte uns das nicht verwundern. "Wir sehen jetzt durch ein Milchglas in ein Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Nun erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt bin." (1 Kor 13,12) Das heißt doch, es ist nicht verwunderlich, dass eine vernunftmäßige Durchsichtigkeit Gottes bis ins letzte Detail ist nicht zu erreichen ist. Es ist ja einzusehen, dass es des Wissens Gottes bedürfte um Gottes Geheimnisse zu ergründen.
Lassen wir uns genügen an seiner Gnade, sagt er ein andermal. Und lassen wir uns die Zuversicht nicht nehmen, dass er uns, wenn es wirklich darauf ankommt, nicht im Stich lässt. Es muss eine prägende Erfahrung für den Apostel gewesen sein, als er, erstmals unter schweren Druck geraten, einen Beistand spürte, der ihm von woanders her zuwuchs. Das Gefühl der Einsamkeit wich der Gewissheit der Gemeinschaft:
"Bei meinem ersten Verhör stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle. Es sei ihnen nicht zugerechnet. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich." 2. Tim 4,16-17