Vita activa und Vita comtemplativa

Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden. Lk 10, 41-42

Für viele Menschen ist dies ein etwas ärgerlicher Ausgang der Begegnung von Jesus mit den Schwestern Maria und Marta. Denn Marta ist gut und fleißig, sorgt sich um das Wohl des Gastes, eine
im nahen Osten besonders hoch gehaltene Tugend.

Und Maria? Die hat sich zu Christus gesetzt, kümmert sich nicht um die Wirtschaft und ist offenbar versunken ins Gespräch. Als es Marta zu bunt wird, fordert sie Jesus auf, Maria gefälligst zur Arbeit abzuordnen - und erntet obige Antwort. Sie wird sich geärgert haben.

Oder hat sie sich heimlich besonnen? Hat sie gedacht: Eigentlich hat er recht! Schön dumm von mir, dass ich mich mit meiner Rastlosigkeit und Sorge um das geistige Abenteuer einer besonders interessanten
Stunde bringe! Ich hätte mich nur dazu setzen müssen. Warum habe ich es nicht getan?

Wir kennen solche verpassten Gelegenheiten. Dieses Getriebensein von hunderttausend Notwendigkeiten ist uns nicht fremd. Oft empfinden wir hinterher schmerzlich den Mangel.

Seit alters ringen die Menschen um das rechte Maß. Im Gegensatz der Vita activa (das tätige Leben) und der Vita comtemplativa (das betrachtende Leben) hat dies einen Ausdruck gefunden. Was ist höher zu bewerten? Wie verhalten sich die beiden Wege zueinander? Welche Auswirkung hat eine Entscheidung für oder gegen einen der Wege auf mein Leben?

Die moderne Menschheit, wie sie uns heute begegnet, hat der Vita activa, dem tätigen Handeln, den Vorrang eingeräumt. So sind z. B. für Hannah Arendt „Arbeiten, Herstellen und Handeln“ die drei menschlichen Grundtätigkeiten. Ist das so? Wir sind alle Kinder unserer Zeit und stehen unter dem Druck, immerzu „Macher“ zu sein, wie man gern lax, aber anerkennend von einer fähigen Person sagt.

Christus setzt die Gewichte anders. Er lobt Maria um der Bereitschaft willen, auf ihn zu hören. Lassen wir uns auch dazu anregen und gewinnen.

Es grüßt Sie Ihr Pfarrer Ilgner

Pfarrer Dr. Ilgner
Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Juni 2019