Andacht zur Tageslosung am 19. Mai 2020

"So kehrt nun um von euren bösen Wegen. Warum wollt ihr sterben?" Hes 33,11

 

Große Politik funktioniert nicht mehr ohne Meinungsumfragen. Dafür hat man eigens Institute geschaffen, die unablässig nach der Mehrheitsmeinung forschen, was zumutbar ist und mit welchen Formulierungen sich dies und das geschmeidig durchsetzen lässt. Das Bundeskanzleramt ist bekannt dafür, den rechten Zungenschlag in seinen Verlautbarungen auf diese Weise zu generieren. Politische Entscheidungen und Gesetze können so den aktuellen Stimmungen und Gesinnungen bestimmter Gruppen, deren lautstarken Protest man fürchtet, perfekt angepasst werden. Bloß gut, die übergroße Masse schweigt und nimmt (fast) alles hin. Wie gesagt, alles bleibe möglichst geschmeidig. Was dabei herauskommt, kann man täglich studieren - und in die Hände klatschen vor eitel Freude. 

 

Die alttestamentlichen Propheten sind ganz beeindruckende Leute gewesen. Sie verfügten über die Stärke, sich nicht darum zu kümmern, was die Leute von ihnen denken. Ich bewundere sie dafür. Sie haben das Wort Gottes. Sie feuerten den Leuten dieses starke und entlarvende Worte stracks entgegen. Mitunter bricht ein wahrer Furor an Schimpf und Schroffheit aus ihnen hervor. Gemessen an solchen scharfen Worten ist der Satz unserer Tageslosung eher verhalten.

 

Trotzdem schlummert auch in ihm ordentlich Pfeffer. Jemandem zu sagen, er wandle auf bösen Wegen und solle umkehren, ist ernst und streng. Erst recht die angehängte Frage: "Warum wollt ihr sterben?"

 

Das bedeutet nicht nur, dass böse Wege in den Untergang führen, sondern auch, dass diese Wege willentlich beschritten werden. Hier wird der rätselhafte, verhängnisvolle Trieb der Selbstzerstörung angesprochen. Wie kann es sein, dass ihr sehenden Auges in den Untergang rennt? Seid ihr noch bei Sinnen? Kriegt ihr überhaupt nichts mehr mit? Ich frage mich das oft in diesen Tagen.

 

Für das Verständnis unserer Tageslosung ist der Zusammenhang aufschlussreich: "So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe. So kehrt nun um von euren bösen Wegen. Warum wollt ihr sterben ...?"

 

Dem Propheten geht es also um die Gottlosigkeit. Wer sich von Gott abwendet, ist schon lebendig tot. Wir aber sind zum Leben berufen. Darum müssen auch wir umkehren, wenn wir auf bösen Wegen sind.

 

Aufgabe für heute: Was hat sich bei mir eingeschliffen, von dem ich weiß, dass es nicht gut ist? Wie kann ich umkehren, ohne mich zu ruinieren (Zachäus ruiniert sich nicht, s. u.)? Wie kann ich in dem kleinen Kreis, der mir anvertraut ist und in dem ich handeln kann, so wirken, dass ich erkennbar die Kraft Gottes in Glaube, Liebe, Hoffnung, Wahrheit, Klugheit und Aufrichtigkeit groß mache?

 

"Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück." Lk 19,9

 

Bei Zachäus war es das Geld, das ihn auf böse Wege gebracht hatte. Das kann bei uns  Menschen verschieden sein. Jeder prüfe sich selbst, wo er, um des Lebens willen, umkehren kann und muss.

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019