"Mose sprach: Siehe, ich lege euch heut vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes." 5Mose 11,26-28
Mein Kalender vermeldet, dass am heutigen Tag im Jahre 1949 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet wurde. In diesen Tagen ist das Grundgesetz ganz neu in den öffentlichen Blick geraten. Es sind mir per Mail Bilder zugeschickt worden, die Demonstranten zeigen, die ihren Protest gegen die Corona-Pandemie-Einschränkungen mit einem großen Plakat artikulieren, auf dem "Grundgesetz" steht. Polizisten, bis an die Zähne bewaffnet und vermummt, fordern sie barsch auf, dieses Plakat zu beseitigen. Sie wenden zu diesem Zweck Gewalt an. Dergleichen verwirrt mich ungeheuer.
Heute morgen habe ich mir das Grundgesetz gegriffen und die Grundrechte Art. 1 bis Art. 19 durchgelesen. Es hat mir Freude gemacht. Es stehen viele gute, wichtige Dinge darin. Gemessen an der DDR-Verfassung, der ich bis 1990 wider Willen untertan war, bin ich persönlich sehr froh, seither im Geltungsbereich des Grundgesetzes leben zu dürfen.
Natürlich hat mir vor allem der Gottesbezug in der Präambel gefallen. Denn die ersten Worte der Präambel lauten: "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben."
Alles in allem kann es einen Segen bedeuten für das Deutsche Volk, wenn das Grundgesetz nicht ausgehöhlt, schleichend geändert, unlauter ausgelegt oder durch Regierungsgewalt tagesaktuell gebogen und verletzt wird. Dann kommt ein Fluch über unser Vaterland.
Es scheint mir nun so zu sein, dass der Respekt vor dem Gesetz mit dem Bewusstsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen steht und fällt. Der Gottesbezug bedeutet eine Einschränkung und Zügelung der Willkür von Rechtssetzung. Für mich wäre es schrecklich, wenn ein mehrheitlich atheistischer Bundestag diesen Gottesbezug nicht mehr achtete oder gar abschaffte, wofür ich leider ernste Anzeichen zu entdecken glaube.
In dieser Nennung Gottes drückt sich die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens in der Vielfalt seiner Bedingungen aus. Sie zeigt an, dass es Höheres, Wichtigeres und Entscheidenderes gibt als menschliche Setzungen.
Ich bin überzeugt: Ob solche menschlichen Gesetze Segen oder Fluch bedeuten, hängt davon ab, ob sie dem Wort Gottes verpflichtet sind - etwa den berühmten zehn Geboten, die in lutherischer Tradition unaufgebbare naturrechtliche Geltung besitzen - oder nicht. Es ist mir schlechterdings nicht gegeben, z. B. den diffamierenden Umgang mit politischen Gegnern mit Art 5 GG oder gar dem 8. Gebot oder die gängige Abtreibungspraxis nach §218 StGB mit Art. 1 und 2 GG oder gar dem 5. Gebot zu vereinbaren. (Es ließen sich mehr Beispiele finden.)
So bleibt es Aufgabe der Christenheit, im Gebet und mit der Tat, wo immer möglich, für die politischen Verantwortungsträger einzutreten, dass sie sich der doppelten Ausrichtung ihres Tuns im Angesicht Gottes und zum Wohl der Menschen bewusst bleiben. Mit den Worten unseres Lehrtextes, der ganz klar den Finger in die Wunde legt: "Dient dem Herrn Christus! Denn wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person." Kol 3, 24-25