"Was der HERR tut, das ist herrlich und prächtig, und seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich." Ps 111,3
Ich habe schon oft sagen hören: "Ich bin noch in der Kirche. Ich glaube noch an Gott. Ich kann dem Gottesglauben immer noch etwas abgewinnen."
Wer hier "noch" sagt, meint es gut. Aber gut gemeint ist fast immer schlecht gemacht. Dieses elende "noch", das uns mitunter unbewusst über die Lippen geht, passt mir nicht in den Kram. Es ist unerträglich regressiv. Im Grunde bedeutet es eine freiwillige Selbstaufgabe. Wer in Bezug auf Gott, Glaube und Kirche "noch" sagt, hat verloren. Er steht "noch" an der Abrisskante des Felsens, aber der nächste Schritt?
Psalm 111 bäumt sich gegen das "noch" auf. Wer Psalm 111 liest, und den dritten Vers in ihm, bekommt den Eindruck, dass Gott und Glaube hier verteidigt werden. Es richtet sich gegen alle möglichen Skeptiker, die sagen: "He Alter, bist so was von gestern, wenn du immer "noch" an Gott glaubst! Lass den Mist!"
Psalm 111 ist als ein so genanntes "alphabetisches Akrostichon" gedichtet, d. h die Satzanfänge laufen durch das Alphabet. Es gibt einige Psalmen, die diese Kunstform aufweisen. In der deutschen Übersetzung geht sie nuturgemäß verloren. Aber wir halten fest: Es wird hier etwas durchbuchstabiert.
Was wird durchbuchstabiert? Psalm 111 bekämpft das kippelige "noch" nicht mit abstrakten Reden. Er greift zurück auf das Heil, das Gott im Laufe der Geschichte geschenkt hat. So klingen an die Speisung in der Wüste (V. 5), das Gewinnen von Land und Heimat (V. 6), die Gabe von Recht und Ordnung (V. 7) und die Befreiung aus der Gefangenschaft (V. 9). Sie liegen alle in der Vergangenheit, wirken aber gegenwärtig in alle Zukunft. Was bedeutet das? Wer sie gering schätzt, vergisst oder gar leugnet, verliert seine Zukunft.
Ich möchte gern anregen, sich heute daran zu erinnern, was Gott in unserer Lebensgeschichte an Heil und Heilung vollbracht hat. Es wird sich vieles finden. Schaut heute nicht auf das, was nicht so ist, wie wir es uns vielleicht erträumt haben mögen. Wer weiß, warum es nicht wahr werden sollte.
Für alle, die "noch" in der Kirche sind und die, die es schon lange nicht mehr sind:
"Wach auf, wach auf, du deutsches Land!
Du hast genug geschlafen,
bedenk, was Gott an dich gewandt,
wozu er dich erschaffen.
Bedenk, was Gott dir hat gesandt
und dir vertraut sein höchstes Pfand,
drum magst du wohl aufwachen!"
(EG 145,1 von Johann Walter)
Noch etwas strenger das Apostelwort des Lehrtextes: "Es lasse ab von Ungerechtigkeit, wer den Namen des Herrn nennt." 2 Tim 2,19