"Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe? Spricht der HERR. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?, spricht der HERR." Jer 23,24
"Eine Weltkatastrophe kann zu manchem dienen. Auch dazu, ein Alibi zu finden vor Gott. Wo warst du, Adam? 'Ich war im Weltkrieg." (Theodor Haecker, Tag- und Nachtbücher)
Dieser Aphorismus diente Heinrich Bölls als Motto für seinen Nachkriegsroman "Wo warst du, Adam? von 1951. Auch der Titel ist von Haecker entlehnt. Episodenhaft erzählt Böll aus der Perspektive verschiedener Personen von der wie eine Krankheit um sich greifenden Hoffnungslosigkeit, Verblendung, Hilflosigkeit, Leere, Schuld und Brutalität der zusammenbrechenden Ostfront im Herbst des Jahres 1944.
"Wo warst du, Adam?" ist die leicht veränderte Aufnahme der Frage Gottes, als sich Adam und Eva im Paradies verstecken, weil sie - nach dem "Sündenfall" - vor lauter Scham und Angst Gott nicht mehr unter die Augen treten können. "Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?" Selbstverständlich findet ihn Gott und stellt ihn zur Rede. Es beginnt ein peinliches Gestammel von Ausflüchten, Lügen und Leugnungen. Es ist erbärmlich (und meilenweit entfernt von der verkitschten, süßlichen Art, mit der der "Sündenfall" gelegentlich medial aufgegriffen wird; es ist kein bisschen Romantik dabei).
Das ist die Situation des Menschen; das hebräische Wort "Adam" ist auch kein Personenname, sondern die Gattungsbezeichnung "Mensch", genau wie "Eva", d. h. "die Lebendige". Es geht die ganze Zeit um den Menschen. Schonungslos wird seine Situation aufgedeckt.
Es erweist sich, dass der Mensch gar nicht in der Lage ist, zu seinem sündigen Selbstvergöttlichungs-Streben ("Wenn ihr von der Frucht esst, werdet ihr sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist" spricht die windige Schlange) zu stehen. Nicht nur dass es stets schief geht, er scheut noch nicht einmal vor der Perfidie zurück, den katastrophalen Ausgang seiner Anmaßung noch durch die Katastrophe selbst entschuldigen oder rechtfertigen zu wollen.
Kommt uns das bekannt vor? Der Täter, der in Wahrheit ein Opfer seiner eigenen Tat zu sein vorgibt, als wäre es gar nicht seine? Es hat etwas sehr Entlarvendes. Das ist die Situation des gottlosen Menschen. Sichtbar wird hier, dass die Menschheit in hohem Grande erlösungsbedürftig ist.
Bloß gut, dass Gott ihn sieht. Bloß gut, dass Gott ihm nachgeht. Bloß gut, dass Gott ihn ruft. Wie stellen wir uns diesem Ruf? Aus welchem Versteck, in das ich mich verborgen habe, ruft er mich vielleicht? Wir sollen keine panische Angst vor Gott haben müssen, sondern in ihm den Vater erkennen, der unser Bestes will, "aus lauter göttlicher Liebe und Barmherzigkeit, ohn' all mein Verdienst und Würdigkeit". (Luther, Kleiner Katechismus)
Darum Courage! "Wenn jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt." 1 Kor 8,3