"Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!" Jes 55,1
"Der tolle Bomberg" heißt ein Schelmenroman von Josef Winckler. Er stellt einen schrulligen, alten Baron aus dem Münsterland vor, eben den tollen Bomberg. Das ist eine Mischung aus Eulenspiegel und Münchhausen. Die losen Reden und aberwitzigen Handlungen dieses Kerls verspotten allen Dünkel und alle Engherzigkeit nach Strich und Faden.
Unter den Unarten des Barons von Bomberg sticht eine besonders hervor, seine große Sauflust. Er ist ein anerkannter Experte im Vertilgen großer Mengen edlen Weins. Noch auf dem Sterbebett befiehlt er, dass man ihm die edlen Tropfen aus dem Keller herbeischaffe. Sechsundvierzig Gläser werden auf diese Weise vertilgt, indes der bejahrte Schlemmer nach "Probung und Schnalzung" ganz treffsicher Sorte und Jahrgang zu benennen weiß. Er hat an allen etwas auszusetzen.
Am Ende, als siebenundvierzigstes Glas, reicht man ihm einfaches, frisches Wasser. "Alle huben sich auf die Zehen mit langen Hälsen. Der Baron schnupperte. Er schlürfte ein Pröbchen. Er stutzte. Roch abermals am Rand: 'Gift und Galle - was ist das?' Er nahm einen vollen Schluck ... 'schenk er noch einmal voll - auf jeden Fall eine sehr leichte Sorte! Und wiederum nahm er das Glas, strich erst den Schnurrbart weit zurück, spitzte die Lippen ganz fein schmal vor, dass seine Ohren sich bewegten, räusperte sich nochmals und schlürfte unter atemlosem Schweigen ... 'Das hab' ich noch nie getrunken! ... Dass du mir diese Freude bereitet hast vor meinem Heimgang ...'" (Josef Winkler, Der tolle Bamberg, Rudolstadt, o. J., S. 374)
Wasser ist die harmloseste Flüssigkeit, die sich denken lässt. Jeder weiß, dass es absolut lebensnotwendig ist. Aber es ist uns nicht gut genug. Wir meinen, es schmecke nach nichts und ist uns zu langweilig. Wir lieben es, das Wasser mit allerlei Zutaten zu versetzen und suchen uns so ein wahrhaftiges Geschmackserlebnis zu bereiten. Von diesem aufregenden Zeug können wir dann einfach nicht genug kriegen. Der tolle Bomberg hatte noch nie einen Schluck Wasser getrunken. Wie war sein Erstaunen groß.
Wenn die Heilige Schrift das Wasser als Bildwort wählt, um Gottes heilsames Handeln zu beschreiben, drückt sich darin etwas Interessantes aus. Daran möchte ich erinnern: Das Evangelium gleicht nicht einem Soft- oder Long-Drink, das dem Menschen mit einer aufdringlichen Werbung untergejubelt werden müsste. Es ist leicht, ja ganz selbstverständlich zu haben. Sodann ist es klar und einfach, aber löscht den Durst nach Gerechtigkeit, nach Hoffnung und Wegweisung. Es ist elementar. Es ist lebensnotwendig und braucht keinen fremden Tand, um sich interessant zu machen. Der Wanderprediger aus Nazareth, der die ganze Welt erlöst, gleicht einem lebenspendenden Regenguss auf dürres, rissiges, unfruchtbares Land. Das alles steckt in der Wassermetaphorik.
Jesus spricht: "Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten." Joh 4,14