"Lobet ihn, Sonne und Mond, lobet ihn, alle leuchtenden Sterne! Denn er gebot, da wurden sie geschaffen." Ps 148,3.5
Eine einstige Konfirmandin lacht mich beim Heiligen Abendmahl immer fröhlich an. Dann muss ich unwillkürlich auch lachen. Einmal habe ich ihr gesagt, dass ich mich freue, dass sie mich so anstrahlt, wenn ich mit der Hostie vor ihr stehe. Da hat sie geantwortet: "Ich kann gar nicht anders." Ist das nicht eine schöne Antwort?
In der mittelalterlichen Dichtkunst, von der barocken später aufgenommen, gibt es den "ubi-sunt-Topos", d. h. die Frage "Wo sind geblieben?" Sie bezieht sich auf die Menschen, Dinge oder Umstände, die in der guten, alte Zeit da waren, die einstige Fröhlichkeit und die nun leider längst vergangene Herrlichkeit. "Ja, früher war doch alles viel, viel besser."
Diese Frage ist nicht auf das Mittelalter oder den Barock beschränkt. Jeder mag sie zu irgend einem Zeitpunkt schon einmal gestellt haben. "Warum konnte es denn nicht so schön bleiben?"
Nun ist die Versuchung solch einer Haltung sehr gut nachvollziehbar. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte kann sich eine gewisser Überdruss an der Gegenwart durchaus einstellen. Das mag verschiedene Ursachen haben. So ist es z. B. traurig, dass die übermütige und unbeschwerte Jugend dahin, die Gegenwart anstrengend oder langweilig oder irgendwie unerquicklich geworden ist. Man kennt das. "Wann kehrst du wieder goldene Zeit?"
Das Schöne an unserem Psalmvers ist der freudige Überschwang, den er ausstrahlt. Wer so reden kann, hat sich am Staunen über die Schönheit der Sonne am Tage und des Mondes und der Sterne in der Nacht noch nicht sattgesehen.
Es gibt doch tatsächlich Leute, die ärgern sich, wenn die Sonne scheint, weil es dann zu heiß ist. Andererseits stört sie auch, wenn sie nicht scheint, weil die Welt dann nicht fröhlich genug aussieht. Der Vollmond ärgert sie, weil er ihnen den Schlaf raubt. Sind Mond und Sterne nicht zu sehen, weil es bewölkt ist, ist es auch nicht recht. Denn dann ist es ja so stockdunkel.
Ja, man kann es schaffen, alles und jedes in der Welt mit Überdruss und Ablehnung zu betrachten. Vermutlich ist das gar nicht schwer. Aber es ist doch töricht. Das wird jeder einsehen.
"Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit" (Pred 3,11), das wollen wir hochhalten gegen allen Lebensargwohn. Da strahlen Sonne, Mond und Sterne Tag und Nacht - und es ist uns nicht genug? Was soll denn noch passieren?
Die Sterne und Gestirne jedenfalls erschlaffen nicht in selbstverliebtem Missmut. Sie antworten dem Schöpfer aller Dinge mit der einzig angemessenen Antwort, die sie geben können. Sie strahlen und strahlen.
"Herr, unser Gott, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen waren sie und wurden sie geschaffen." Off 4,11