"Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, Turteltaube, Schwalbe und Drossel halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des HERRN nicht wissen. Jeremia 8,7
In meinem Kalender steht, dass heute der Gedenktag des Heiligen Apollonius ist. Er sei ein christlicher Märtyrer und Heiliger, der um das Jahr 180 in Rom um seines Glaubens willen zum Tode verurteilt wurde. Wenn ich von Märtyrern höre, habe ich immer ein zwiespältiges Gefühl. Hauptsächlich bewundere ich sie wegen ihres Löwenmutes. Zugleich werde ich ganz still, weil ich sehr bezweifle, dass ich auch nur entfernt so stark bin wie sie.
Ihr leben stellt uns trotzdem eine wichtige Frage: Wie weit gehen wir für die Wahrheit unseres Glaubens? Es mag gut sein, sich diese Frage einmal vorzulegen.
Ich habe noch nie von Apollonius gehört. Man kann seinen Namen nachschlagen: Er war als römischer Bürger von einem Sklaven denunziert worden beim Präfekten der kaiserlichen Leibgarde. Denunzianten sind scheinbar immer Sklavenseelen geblieben. Wollte sich der Sklave bei der Obrigkeit angenehm machen? Hat er eine Bedrohung darin gesehen, dass sein Herr Verbotenes tut, das in den Verordnungen des Staates nicht gestattet war? Wir wissen es nicht genau. Seine Name ist nicht bekannt. Denunzianten agieren im Schatten.
Das Besondere am Fall Apollonius ist, dass seine Märtyrerakte überliefert ist. Darin findet sich auch eine Verteidigungsrede, die er vor dem Römischen Senat hielt. Ich lese, dass sie im Altertum hochberühmt war, was freilich den Senat nicht davon abhielt, ihn zum Tode zu verurteilen.
Die Verteidigungsrede des Apollonius liest sich streckenweise wie ein Kommentar zu unserer Tageslosung aus dem Propheten Jeremia, der die Treue zum "Recht des HERRN" so selbstverständlich einfordert, wie die Singvögel im Frühling wieder zurückkehren. Die Selbstverständlichkeit macht uns zu schaffen. Hier liegt der Knackpunkt. Die Apologie des Apollonius atmet in jedem Wort diese Selbsrverständlichkeit. Ich gebe einige Passagen wieder:
"Als dieser vorgeführt worden war, sagte der Statthalter Perennis: Apollonius, bist du Christ? Apollonius antwortete: Ja, ich bin Christ und darum verehre und fürchte ich Gott, der Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht hat.
Der Statthalter Perennis sagte: Ändere deinen Sinn und folge mir, Apollonius, schwöre bei der Glücksgöttin unseres Herrn, des Kaisers Kommodus. Apollonius der Asket antwortete: Höre mich aufmerksam an, Perennis, ich will dir in ernster und gesetzlicher Rechtfertigung Rede und Antwort stehen.
Wer von gerechten, guten und bewundernswerten Geboten Gottes seinen Sinn abwendet, der ist gesetzlos, sündhaft und in Wahrheit gottlos; wer aber von jeder Ungerechtigkeit, Gesetzlosigkeit, Götzendienerei und von bösen Gedanken sich abwendet, die Herrschaft der Sünden flieht und nicht mehr zu ihnen zurückkehrt, ein solcher ist gerecht. Und glaube uns, Perennis, auf Grund dieser Rechtfertigung, daß wir die ehrwürdigen und trefflichen Gebote von dem göttlichen Logos gelernt haben, der alle Gedanken der Menschen kennt ...
Der Statthalter Perennis sagte: Auch wir wissen, daß der Logos Gottes der Erzeuger des Leibes und der Seele ist, der erkennt und lehrt, was Gott angenehm ist. Apollonius sprach: Dieser unser Erlöser Jesus Christus, als Mensch geboren in Judäa, in allem gerecht und erfüllt mit göttlicher Weisheit, lehrte uns menschenfreundlich, wer der Gott des Weltalls und welches der Endzweck der Tugend zu einem heiligen Leben ist, in Anpassung an die Seelen der Menschen. Durch sein Leiden hat er der Herrschaft der Sünden ein Ende gemacht. 37. Er lehrte nämlich, den Zorn zu bändigen, die Begierde zu mäßigen, die Gelüste zu zügeln, die Traurigkeit zu bannen, verträglich zu sein, die Liebe zu mehren, die Eitelkeit abzulegen, sich nicht zur Rache gegen Beleidiger hinreißen zu lassen, den Tod auf Grund eines Richterspruches zu verachten ...
Indem er dieses uns nachdrücklich lehrte und durch viele Beweise uns davon überzeugte, erwarb er sich selbst großen Ruhm der Tugend, wurde aber auch von den Ungelehrigen beneidet, wie schon die Gerechten und Philosophen vor ihm; denn die Gerechten sind den Ungerechten verhaßt. Wie es auch ein Wort ist, daß Toren ungerecht sprechen: Lasset uns den Gerechten binden, weil er uns unangenehm ist ..." (http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1684.htm)
In mancher Hinsicht würden wir heute, nach 1800 Jahren, anders argumentieren. Aber in dem entscheidenden Punkt, dass Christus der Gerechte, uns von unserer Ungerechtigkeit erlöst, was für unser Leben eine Konsequenz bedeutet, sind wir mit ihm ganz einig.
"Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken." Tit 2,14