"Dienet dem HERRN mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!" Ps 100,2
Ich habe einmal, vor vielen Jahren, meinen ältesten Patensohn - er ist über 30 Jahre alt - aus dem Kindergarten abgeholt. Es war Fasching. Er hatte sich verkleidet und machte sich ein Späßchen daraus, mich zu verkohlen. Er wurde darüber so fidel, dass er sich vor lauter Freude nicht zu lassen wusste. Diese Fröhlichkeit war so unbefangen, urwüchsig und ansteckend, dass alle, die dabei waren, davon erfasst wurden. So etwas ist mir meines Wissens nie wieder vorgekommen. Es war ein großes Frohlocken.
Das Wort klingt altertümlich. Im alten Grimmschen Wörterbuch (Bd. 4, Spalte 228) steht:
"FROHLOCKEN, frolocken, jubilare. ein wort dessen ursprung und erstes auftreten nicht gehörig erforscht sind. ahd. ist es noch gar nicht, mhd. selten zum vorschein gekommen, dem mhd. wb. fehlt es ganz."
Als frühester Beleg wird das spätmittelalterliches Gedicht "Von tauigen Blumen" aufgeführt. Es mag im 15. Jh. entstanden sein. Ich gebe es hier wieder, weil es hübsche Wendungen enthält, die in den Sommer passen, der gerade wieder so prächtig von sich reden macht. Leider kann ich nicht alle Wörter perfekt entschlüsseln, aber mit etwas Rätseln geht es schon.
"in dem feinen gedicht frau Eren kranz Ls. 1, 376. 377 von thauigen blumen:
si hæten übertrunken
sich an dem zuckerlinden tror,
daʒ si ir houbt vil hart ënbor
huoben gên dër sunnen brëhen.
lachende ûʒ ir hülsen sëhen
lieʒen sich ir tolden,
geschicket als sie wolden
liebkôsen ûʒ ir guomen
und mit gemeinem ruomen
dës sumers kunft frôlocken (es steht früelocken),
als wollten sie aus ihrer kehle, gemeinschaftlich preisend, über des sommers ankunft frolocken. das ist höchst dichterich gesagt.
Der Duden zeigt an, dass das Wort "Frohlocken" der gehobenen Sprache zuzuordnen ist und eher selten gebraucht wird. Warum ist das so? Vielleicht, weil uns ein so großes Frohlocken so selten gelingen will? Jedenfalls seltener als der Natur, die es mit jeder strahlenden Blüte tut.
Ich sitze hier und denke: Die heutige Losung macht es uns nicht gerade leicht. Das Griesgrämige hat uns im Griff. Ich habe mich heute schon mehrfach geärgert, aber gar nicht gefreut. Wo soll das hinführen?
"Es ist ja schließlich nicht alles so, dass man sich ständig freuen dürfte", mag man einwenden. Ja, das gebe ich zu. Aber die Aufforderung zum Dienst Gottes in Freuden - das bedeutet nichts anderes als ein Leben aus der Fröhlichkeit der Erlösung - bleibt ein ausgezeichneter Ratschlag. Unsere Tageslosung zielt auf Leichtigkeit, Unbeschwertheit und Schwung. Das lässt sich hören.
Es kommt deshalb gerade recht, dass uns die Tageslosung zum Frohlocken ermuntert oder gar aufrüttelt. Wie soll man auch Gott dienen ohne Freude? Als Griesgram? Als Muffel? Als Nörgler? Als Angsthase? Als Raubauz? Das geht doch nicht!
"Sagt Dank dem Vater, der euch tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht." Kol 1,12