"Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht." Jes 43,24-25
"Muss ich denn alles selber machen?" Jeder wird das schon einmal gedacht haben. Mancher hatte vielleicht auch Anlass, es auszurufen. In solch einem Satz liegt hauptsächlich Enttäuschung, auch Ärger und die Ernüchterung, dass die Dinge einfach nicht so funktionieren, wie sie sollen. Es findet sich niemand, der dafür gerade stehen will. So kann es nicht bleiben!
Das doppelte "ich, ich", das der Prophet Jesaja Gott in den Mund legt, ist das auffälligste Element in unserem Vers. Es betont die Verantwortung, die er zu übernehmen sich gezwungen sieht. Gott selbst sieht sich in der Haftung, wenn das Leben der Menschen mit ihm und untereinander so abartig entgleist.
Diese bittere Erkenntnis menschlichen Ungenügens bringt Gott in Zugzwang. Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder schlägt er mit eiserner Faust drein und nimmt in Kauf, dass seine Schöpfung in tausend Scherben zerfällt. Das grausige Geschehen der Sintflut, die dann doch heilsam inkonsequent geblieben war, weist in diese Richtung. Der Mensch? Gewogen und für zu leicht befunden.
Die zweite Möglichkeit: Lass diese widerlichen Leute ihr Zeug machen. Es ekelt mich an, mich auch nur noch eine Sekunde damit zu befassen. "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich." Oder mit den Worten des letzten sächsischen Königs Friedrich August III.: "Macht euern Dreck alleene".
Oder die dritte Möglichkeit: Einen weiteren Anlauf unternehmen. In neuerlicher Arbeit und Mühe die mannigfachen Missstände heilen, auf dass das Geschöpf lebe.
Die Sache ist entschieden, wir wissen es längst, und zwar ein für alle Mal. Wir blicken bei der Entscheidung, die er traf, in sein innerstes Wesen. Es heißt, Gott hätte die Übertretungen um seinetwillen getilgt. Es ist in ihm ein Widerstand gegen die ärgerliche Vernichtung sowohl als auch gegen das gleichgültige Laissez-faire.
Es kommt nur der dritte Weg in Frage, nämlich die Heilung und das Heil. Jesus von Nazareth hat diese Seite Gottes betont, wenn er ihn als "Vater unser im Himmel" anredet. Wenn Gott der Vater ist, was sind die Menschen dann? Und welche Haltung wird er an den Tag legen, wenn er wirklich der Vater ist?
"Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der da von der Erde bis an den Himmel reicht." (Luther) Dass das innerste Wesen Gottes lauter Liebe zu seinen Geschöpfen ist, mag uns in seiner atemberaubenden Außergewöhnlichkeit nur deshalb nicht mehr überraschen, weil wir es mit unserer kirchlich-larmoyanten Redundanz gar nicht recht erfassen können. Dennoch liegt hier das Geheimnis Gottes, dass er selbst sich in seinem geliebten Sohn in den Tod gab, damit wir leben.
"Einst standet ihr Gott fremd und feindlich gegenüber und habt das durch eure bösen Taten gezeigt. Aber weil Christus in seinem menschlichen Leib den Tod auf sich nahm, hat Gott jetzt mit euch Frieden gemacht." Kol 1,21-22