"So richtet nun euer Herz und euren Sinn darauf, den HERRN, euren Gott, zu suchen." 1 Chr 22, 19
Am 26. April 1528 fand im Hörsaal der Artistenfakultät der Universität Heidelberg eine große Disputation statt, die der junge, aufstrebende Wittenberger Professor Martin Luther hielt. Sie erregte Aufsehen.
Eigentlich sollte sie dazu dienen, ihn etwas zu "stillen und zu besänftigen", so Papst Leo X. an den neuen Ordensgeneral der Augustinereremiten Gabriel Venetus. Auch dem Orden war es um eine "gelehrte Klärung der Sache Luthers" zu tun.
Heraus kam, dass seine frühe reformatorische Theologie sich festigte und weiter entfaltete. Vor allem der Gedankengang, dass Gott sich finden lässt, wo man ihn nicht suchen würde, ist berühmt geworden und geblieben. Seine Argumentation überrascht bis heute. Sie würde auch prompt von den meisten Leuten bestritten. Er richtet sich gegen das, was wir heute etwas despektierlich "Gutmenschentum" nennen würden, eine moralische Besserwisserei, die andere Menschen mit einem gewissen "humanistischen" Sendungsbewusstsein begegnet und sie mit allerlei ethischen Imperativen überzieht, denen sie sich im Namen irgendwelcher "Werte" zu beugen hätten. Luther unterzieht das Menschenbild, wonach ein "guter Kern" in jedem Menschen sei, einer schroffen Kritik. Zugleich erteilt er uns eine ernste Lektion:
" Der Mensch, der da meint, er wolle dadurch zur Gnade gelangen, dass er tut, soviel ihm möglich ist, häuft Sünde auf Sünde, so dass er doppelt schuldig wird ... Denn die Gerechtigkeit Gottes wird nicht aufgrund aneinandergereihter Handlungen erworben, wie Aristoteles lehrt, sondern durch den Glauben geschenkt."
Er stelle dies klar, nicht damit die Menschen in Verzweiflung über ihr Unvermögen geraten, sondern damit sie demütig werden und ihre Grenzen erkennen.
Statt dessen, sagt er, gelte es "Gott zu suchen, der sich in Christus offenbart". Das bedeute nicht, ihn in der Herrlichkeit, Weisheit und Kraft zu suchen, sondern - im Gegenteil - in Leiden, Kreuz und Schwachheit. Es geht ihm um ein im Leiden verborgenen Gott. Da ist er!
"Der Theologe der Herrlichkeit nennt das Schlechte gut und das Gute schlecht. Der Theologe des Kreuzes nennt die Dinge, wie sie wirklich sind."
Es gibt eine aussichtslose, vergebliche Suche Gottes, die in den Irrtum führt: Wer Christus nicht kennt, kennt auch nicht den im Leiden verborgenen Gott. So jemand hasst das Kreuz und die Leiden, wendet sich den so genannten guten Werken zu und meint, darin das Heil zu finden. "Gott kann aber nur in Kreuz und leiden gefunden werden".
Ja, aber was ist mit den guten Werken? Sind sie denn nicht wichtig?
Doch, sind sie! Aber nicht die eigensüchtigen, mit denen man sich freistellt und andere drangsaliert. Jede Gesetzlichkeit ist hier einfach fehl am Platze.
Das Gesetz sagt: »Tue das!«, und es geschieht niemals. Die Gnade spricht: »An den sollst du glauben!«, und alles ist schon getan." So ist der Siegespreis zu erringen, nicht anders.
"Lauft so, dass ihr den Siegespreis erlangt." 1 Kor 9, 24