"Gott, wir haben mit unseren Ohren gehört, unsere Väter haben's uns erzählt, was du getan hast zu ihren Zeiten vor alters." Ps 44,2
"Reden ist Silber, Schweigen ist Gold." Diese Redensart kennt jeder. Sie klingt sehr harmlos. Jeder wird zustimmen, schon allein deshalb, weil man sich zwar um Kopf und Kragen reden, nicht aber um Kopf und Kragen hören kann. Längst nicht jeder kann das Sprichwort beherzigen.
Vermutlich wurde es erfunden, weil es viel schwerer ist, zuzuhören als zu reden. Mir sind gelegentlich Menschen begegnet, die nicht zuhören konnten. Das wirkte auf mich sehr unangenehm. Wahrscheinlich rede ich manchmal auch zu viel und höre zu wenig zu. Keine schöne Vorstellung. Ich glaube, ich muss mehr darauf achten.
Wir sind da hin und her gerissen. Dabei ist das Zuhören unverzichtbar. So vieles, das sich in unserem Kopf findet, Gedanken, Lehren und allerlei Wissen wurde uns durch's Zuhören geschenkt. Selbst das aus Büchern Erworbene kann man dazu rechnen.
Erst recht das ABC unseres Glaubens. Es muss zuerst gehört werden, auch hörend erfahren werden, aufgenommen und im Herzen bewegt werden, bevor es seine ermutigende, tröstende, froh und frei machende Kraft entfaltet. Der Apostel Paulus benutzt in diesem Zusammenhang gern eine rabbinische Formel, wenn er in seinen Briefen sagt: "Ich gebe euch, was ich selbst empfangen habe ..."
Man könnte meinen, das Hören sei bloß ein passives Geschehen, ein bisschen Zuhören eben. Aber das ist vielleicht ein Irrtum. Denn auch das Zuhören ist eine aktive Sache. Es kann sogar einer anstrengenden Arbeit verglichen werden.
Berühmt geworden ist der Besuch Jesu bei den Schwestern des Lazarus, Maria und Martha. "Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu." Lk 10, 39
Martha meint es gut und wirtschaftet die ganze Zeit herum. Als sie unwillig auf Maria wird, lautet der überraschende Kommentar Jesu: " Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden." Lk 10, 41-42
Lasst uns im Laufe des heutigen Tages einmal ausprobieren, dem Impuls der eigenen Rede etwas weniger als sonst nachzugeben und den Menschen, die uns begegnen, "Gehör zu schenken". Ich halte es für möglich, dass wir am Ende als Beschenkte dastehen.