Gedanken zur Tageslosung am Dienstag, den 11. August 2020

von Pfarrer Dr. Friedrich Christoph Ilgner 

"Die Gerechten freuen sich und sind fröhlich vor Gott und freuen sich von Herzen" Ps 68,4


Bleckwand heißt ein felsiger Berg am südlichen Ufer des Wolfgangsees im Salzburger Land. Wir sind in diesem Jahr hinaufgestiegen. Ich erinnere mich, dass wir auf dem Weg zum Gipfel an einem Gedenkstein vorbei kamen. Er erinnerte an einen Liebhaber des Wanderns (sein Name ist mir entfallen), der dort vor fast 40 Jahren aus unbekanntem Grund zu Tode gekommen war. Es fiel auf, dass die Blumen an der Inschrift ganz frisch waren. Irgendwer war kürzlich da gewesen und hatte einen Sommerstrauß mitgebracht. An dem Gedenkstein war ein großes Kreuz befestigt. Daneben stand ein kurzer Spruch, vielleicht ein Zitat des Verstorbenen. Er lautete: "Der Kern des Glaubens ist die Freude."

 

Es stand eine grobe, hölzerne Bank in der Nähe. Wir haben eine Weile darauf ausgeruht und uns an diesem besonderen Gedenkort, dem Kreuz, dem Spruch und dem Blumenstrauß erfreut.

 

Besonders gut gefiel mir die Formulierung vom "Kern des Glaubens". Ich dachte, ja, man kann schon einmal darüber nachdenken, was der innerste Kern des Glaubens ist. Was würde ich eigentlich als Kern meines Glaubens bezeichnen?

 

Das Bildwort vom "Kern" spielt doch auf eine Frucht an, z. B. auf eine Marille, wenn man schon einmal in Österreich ist. Verspeist wird die Frucht, die ist süß und saftig. Der Kern dagegen ist hart und scheinbar störend. Ist er das? Was wäre die Frucht, wenn der Kern nicht wäre, um den herum sie sich bildet und der ihr Halt und Form gibt? Eine Frucht ohne Kern - ich weiß nicht - kann ich mir nur denken als matschiges, wabbeliges, eigentlich unappetitliches Etwas. Nun ist das Innere des Kerns nicht ohne weiteres zugänglich. Er besteht aus einer harten Schale, die sich zum Schutz um das verletzliche Innerste legt. Und doch ist das Lebendige inmitten der Schale. Hier ist die Erbinformation der Pflanze verborgen, hier ist der ganze Baum, nicht nur ein Teil desselben, angelegt. Aus dieser unsichtbaren, inneren Mitte aus kann neues Leben entspringen.

 

Ist unsere Freude über die Befreiung, Errettung, Erlösung, Vergebung und Versöhnung im Glauben an Jesus Christus so urwüchsig, dass sie verdiente, der "Kern des Glaubens" genannt zu werden? Ich habe den ganzen Weg hinauf zum Gipfel darüber nachgedacht. Oben angekommen, mit dem freien Blick auf die herrliche Welt um mich her, dachte ich: Ja, es ist doch sonnenklar, dass der Kern des Glaubens die Freude ist. Was denn sonst? Wieso habe ich das bisher eigentlich gar nicht so deutlich gesehen? "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!" Phil 4,4

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019