Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen und gnädig in allen seinen Werken. Ps 145,17
Im Chassidischen Judentum gibt es die interessante Überlieferung, wonach es auf der Erde stets 36 „Gerechte“(lamed-waw zadikim, nach Jes 30,8) gebe. Niemand kenne sie, sie träten aber hervor, wenn ein Jude in Gefahr käme und zögen sich sogleich wieder in die Anonymität zurück, wenn ihr Rettungswerk vollbracht sei. Sie haben es nicht nötig, mit ihrem Namen in die Geschichte einzugehen. Um ihretwillen lasse Gott die Welt nicht untergehen an ihrer Sündhaftigkeit. Niemand wisse, ob die Namenlosen arm oder reich, Wasserträger, Schuhmacher oder Kaufleute seien. Es heißt, sie träten nur selten in Erscheinung. Stürbe ein Gerechter, werde wunderbar ein neuer geboren.
Das ist nur eine Legende. Aber es drückt sich etwas sehr Schönes in ihr aus. Denn diese „Gerechten“ erscheinen als Mittlergestalten. Sie verweisen mit dem Schatz ihrer „Gerechtigkeit“ auf einen Höheren. Denn sie besitzen diese „Gerechtigkeit“ nicht als einen „Wert“, wie man heute sagen würde. Sondern sie haben Anteil an Gottes umfassender „Gerechtigkeit", die sich auf sie herabsenkt. Das heißt, die Wurzel dieser „Gerechtigkeit“ liegt in Gott. Er begabt die Gerechten mit seiner „Gerechtigkeit“. Dieses Wort ist gar nicht so leicht zu übersetzen; in der alttestamentlichen Wissenschaft wird das Wortfeld von „zedaqa“ etwa wiedergegeben mit Treue, Heilsfülle, Weisheit, Wohltat, Gnade, Gelingen, Heilsein und Frieden. Dies alles liegt also im Wesen Gottes.
Die Nähe zu Gott, das hören auf sein Wort und das Tun seines Willens gewährt Anteil an seiner „Gerechtigkeit“. Jesus Christus ist das Wort Gottes. Wer ihn hört, hört Gott selbst. Wer ihm vertraut, gewinnt seine „Gerechtigkeit“. Es ist für uns Christen die schönste Gabe, in diesem Sinne zu den „Gerechten“ gehören zu dürfen.
Darauf zielt die Fürbitte des Apostels ab: "Darum lassen auch wir nicht ab, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis seines Willens in aller geistlichen Weisheit und Einsicht." Kol 1,4