Andacht zur Tageslosung für Dienstag, den 7. April 2020

von Pfarrer Dr. Friedrich Christoph Ilgner

"Der HERR, der König Israels, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unheil mehr fürchten musst." Zefanja 3,15

 

Eine Kind sagt, kaum dass es sprechen kann: "Ich habe solche Angst!" Die Eltern halten dagegen und antworten, wie alle Eltern in solchem Falle antworten: "Ach, du brauchst doch keine Angst zu haben!" Da fängt das Kind ganz doll zu weinen an, stampft mit dem Fuß und ruft ganz laut: "Ich habe aber trotzdem Angst! Ich habe solche Angst!" - Was soll man dazu sagen?

 

Aus welchen Ingredienzien ist das Leben gemacht? Es ist alles Mögliche dabei. Das ist eine Überlegung wert. Auf jeden Fall scheint eine Zutat unverzichtbar zu sein. Man nennt sie die Furcht. Sie hat das Zeug zur Grundzutat des Lebens. (Ich nehme mich bei allem was ich hier sage übrigens nicht aus, obwohl es kritisch ist. Es ist also vor allem selbstkritisch gemeint. Es handelt sich hier umgekehrt um eine Selbstermutigung.)

 

Manchmal will es mir scheinen, als wolle der Mensch ohne Furcht gar nie mehr leben. Sie erneuert sich wundersam. Geht die eine, kommt die andere. Ich frage mich: Ist sie wie ein Chamäleon, das immer die Farbe annimmt, die der aktuelle Zeitgeist vorgibt? Man gehe nur die letzten paar Jahre durch, furchtgetrieben, wie sie waren. Die "Furchteinflößer" kamen bis vor kurzem noch aus der Politik, dann aus der Meteorologie. Heute aus der Welt der Infektiologie. Was wird es morgen sein?

 

Nun, ich bin gewiss, es wird sich etwas finden. Die Fehlstelle wird bestens besetzt werden, damit wir uns lustig weiter fürchten können.

 

Die Furcht ist immer allgegenwärtig. Sie fordert Respekt. Sie ist ein bisschen intolerant. Das liegt in ihrem Wesen. Sie ist krakenarmig und sucht jeden zu bestricken. Wenn einer sagt: Ich fürcht' mich aber nicht!, dann ist er ziemlich unverschämt. Was fällt dem ein! Der nimmt die Furcht nicht ernst! Er ist eine Gefahr!

 

Ich weiß, ich überzeichne. Aber nur ein kleines bisschen. Denn ich will der elenden Furcht an den Kragen.

 

Wisst Ihr was? "Wir glauben an Gott, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erden ..." Oder nicht? Ei, dann müsst Ihr euch freilich fürchten. Dann würde ich mich auch fürchten. Dann wären wir alle verloren und die Welt auch und die Zukunft und alles.

 

Nein, nein, ich glaube, dass "der HERR" bei uns ist. Ich traue dem Propheten Zefanja. Dann mag das Unheil kommen. Er sagt übrigens nicht, dass dann kein Unheil mehr kommen könne. Doch, doch, es kommt gewiss. Eins nach dem andern. Das bleibt schon so. Na und?

 

Jesus sprach zu den Jüngern: "Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?" Markus 4,40

Quelle
Gemeindebrief Christuskirche Mai 2019