"Wenn ich auch noch so viele meiner Gebote aufschreibe, so werden sie doch geachtet wie eine fremde Lehre." (Hosea 8,12)
Vor vielen Jahren hatte ich ein Gespräch mit einem begeisterten Gegner der Todesstrafe. Wir waren unterwegs zur Straßenbahn. Er redete die ganze Zeit. Es empörte ihn, dass es der Weltgemeinschaft noch immer nicht gelungen sei, in allen Ländern der Erde, z. B. in den USA oder China, die Todesstrafe ein für alle Mal abzuschaffen. Sein Eifer wuchs von Minute zu Minute. Plötzlich blieb er stehen und sagte: "Ich hab's. Man sollte alle Verfechter der Todesstrafe zum Tode verurteilen, schon ist das Problem gelöst."
Na dann, prost Mahlzeit. Einen Missstand abschaffen unter Anwendung eben desselben Missstandes - das ist stark. Nicht immer ist die Absurdität solchen Denkens sofort sichtbar wie in diesem Beispiel. Man denke daran, dass es durchaus nicht ungewöhnlich ist, einen Krieg durch einen Krieg zu beenden oder ein Leben durch eine Tötung retten zu wollen. Es genügt, einen höherrangigen Zweck aufzustellen, dessen Verfolg es angeblich unumgänglich mache, so zu handeln.
Ich habe solch ein Beispiel gewählt, weil die Missachtung der Gebote Gottes in der Regel nicht einfach aus bösem Willen geschieht. Nein, in der Regel meint es der Mensch sogar gut, geradezu überschwänglich gut, indem er sich über Gottes Gebote hinwegsetzt. Dann weiß er es besser als Gott und wird "ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft." (Mephisto in Goethes Faust I.)
Dann werden die Gebote Gottes geachtet wie eine fremde Lehre. Allen voran das 1. Gebot, von dem Luther sagt, alle anderen hingen in ihm: Gott nicht mehr Gott sein lassen.
Wer die Zeit hat, nehme sich einmal die berühmten 10 Gebote vor. Sie stehen im Evangelischen Gesangbuch (EG 796, ausführlicher 806.1). Man kann sie Schritt für Schritt durchgehen: Wie passt mein Leben dazu? Wo bin ich nicht so, wie Gott mich haben will? Welche Erklärungs-Strategien rechtfertigen meinen Weg fälschlich? Kann ich zur Wahrheit meines Daseins zurückfinden? Wer hilft mir dabei?
Jesu spricht: "Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme." (Johannes 18,37)
Eins ist wichtig: Seine Stimme ist eine, die nicht verdammt, aber doch klar und eindeutig ist. So sagt er einmal: "Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr". (Joh 8,11)